Lebensversicherungen: Da wird man etwas tun müssen
Der Versicherungsmathematiker und Vorstand der ERGO-Versicherung, Dr. Johannes Lörper hat zu Beginn seines Vortrags auf der 10. Jahrestagung “Strategiemeeting Lebensversicherungswirtschaft” des Handelsblatts in Köln ungewöhnlich deutliche Worte gefunden.
Gerne fasse ich einige bemerkenswerte Aussagen zusammen:
„Mit einem Höchstrechnungszins von 0,9 Prozent kommen die Versicherer zu marktüblichen Kosten eigentlich schon nicht mehr hin. Da wird man etwas tun müssen”, beschrieb der Ergo-Vorstand.
Demnach erhält der Kunde zwar einen Garantiezins, jedoch ist der Lebensversicherer befugt, diesen Garantiezins in “Extremsituationen” zu senken – allerdings nach “klaren Regeln”, wie der Ergo-Manager versicherte, beispielsweise dann, wenn die Bundesanleihe zehn Jahre lang unterhalb des Garantiezinses notiert. (Anm. JK: Das ist aktuell der Fall. Selbst wer eine „alte“ Lebensversicherung hat, wird zukünftig nicht mal mehr den Garantiezins erhalten, von Überschussbeteiligungen spricht sowieso niemand mehr.)
Hoffnungen auf eine baldige Besserung der Lage konnte oder wollte der Versicherungsmathematiker nicht verbreiten: Selbst wenn die Zinsen in Zukunft wieder ansteigen, werde es Lörper zufolge sehr lange dauern, bis ein Klassik-Produkt wieder entsprechende Renditen brächte. “Die unmodifizierte Klassik ist sicherlich tot in der heutigen Zeit”, schlussfolgerte der Ergo-Mann. (Anm. JK „Klassik-Produkte“ sind Lebensversicherungen mit Garantieverzinsung.)
Zum Ende seines Vortrags appellierte Lörper noch einmal an die Branchenvertreter: “Ich glaube schon, dass wir an einem Scheideweg sind. Ich fürchte, wenn wir für unsere Branche neue, vernünftige Dinge entwickeln wollen, müssen wir ein bisschen radikaler sein.”
Interessanterweise verteidigte Lörper die meines Erachtens verfehlte Anlagepolitik der Versicherungsbranche. Im Branchendurchschnitt legen die Versicherungsgesellschaften nahezu 90 % der Kundengelder festverzinslich an – trotz der seit Jahren andauernde Niedrigzinsphasen. Dafür gäbe es gute Gründe, so Lörper.
Selbst wenn die Kosten der Gesellschaften in Zukunft halbiert werden könnten, was aus Sicht Lörpers ein “riesiger Schritt” sei, würden klassische Garantiekonzepte “eigentlich nicht mehr hinhauen”. Auf die Idee, die Anlagepolitik zu ändern, kam der ERGO-Vorstand in diesem Vortrag scheinbar nicht. Das ist aus meiner Sicht, die einzige Chance, mittelfristig wieder die zugesagten Erträge zu erzielen.
Mein Fazit: Wer seine Altersvorsorge alleine über deutsche Lebensversicherungen und/oder mit Lebensversicherungen rückgedeckte Direktversicherungen oder Pensionszusagen aufgebaut hat, wird mit erheblichen Einbußen rechnen müssen.
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