Finanzminister Schäuble kann nächstes Jahr Historisches gelingen: Der Bund nimmt erstmals seit 1969 keine neuen Schulden auf. Das ist grundsätzlich sehr gut. Jedoch werden nicht die Ausgaben gesenkt. Die Ersparnis kommt hauptsächlich durch das niedrige Zinsniveau der Bundesanleihen.

2007 – also vor der Finanzkrise – lag die durchschnittliche Verzinsung deutscher Staatsanleihen demnach bei 4,3 Prozent. 2013 seien es nach Bundesbank-Angaben noch 2,6 Prozent gewesen. „Bund, Länder und Kommunen konsolidieren ihre Haushalte derzeit vor allem aufgrund der niedrigen Zinsausgaben und der günstigen Einnahmeentwicklung“, sagte der Wirtschaftsweise Lars Feld der „WamS“.

Zinsersparnis des Bundes 2008 -2013

Nach unveröffentlichten Berechnungen der Bundesbank, die der „Welt am Sonntag“ vorliegen, sind diese Effekte gigantisch. Seit 2008 hat alleine der Bund rund 120 Mrd. EUR Zinsen gespart.

Die Renditen der Bundesanleihen mit zehnjähriger Laufzeit sind in der vergangenen Woche auf neue Tiefstände gefallen. Weil Investoren wegen der Ukrainekrise verunsichert sind, sind sichere Geldanlagen wie deutsche Staatsanleihen gefragt.

Jetzt wird das Schuldenmachen nochmals billiger.

Ohne diesen Glücksfall (für den Fiskus) wären Deutschlands öffentliche Haushalte bis heute entweder tief in den roten Zahlen – oder die Kassenwarte hätten ihre Haushalte weit entschlossener konsolidieren müssen, als sie es tatsächlich getan haben.

Doch Folgen der unverhofften Geldschwemme sind offensichtlich. Selbst Beamte aus Schäubles Haus räumen hinter vorgehaltener Hand ein, der Bund habe das Sparen in den vergangenen Jahren drangegeben. Stattdessen werden neue Sozialleistungen erfunden, die – wie Betreuungsgeld, Mütterrente oder Rente mit 63 – auf mittlere Sicht viele, viele Milliarden verschlingen werden. Verlassen sich die Regierungen auf diese angenehme Art des Sparens, könnte es zu unliebsamen Überraschungen kommen, wenn die Zinsen eines Tages wieder steigen.

Die Kehrseite der Medaille: Diese Ersparnis geht zu Lasten der Sparer

Wenn alleine die Bundesrepublik Deutschland seit 2007 mehr als 120 Mrd. Euro Zinsausgaben eingespart hat, fehlen diese Zinseinnahmen auf Seiten der Sparer. Der Staat entschuldet sich auf deren Rücken. Kein Politiker hat eine große Motivation, an der aktuellen Niedrigzinsphase etwas zu ändern. Daher wird politisch eher versucht, diese komfortable Situation noch lange zu erhalten. Welche Schlüsse können Geldanleger aus diesem Effekt ziehen?

Geldanleger sind gut beraten, wenn sie breit in Sachwerte streuen. Nur so können sie der schleichenden Enteignung entkommen.